Detaillierte Beschreibung klinischer Symptome ('deep phenotyping') in CADS
Personalisierte Medizin erfordert präzise Beschreibungen der Patient*innen.
Bislang wurden mehr als 6.000 monogene Erkrankungen in der Online-Datenbank OMIM (Online Mendelian Inheritance in Man, Amberger et al., 2019) erfasst. Die meisten von ihnen sind sehr selten und betreffen weniger als 100 Patient*innen in Deutschland, so dass nur wenige Ärzt*innen das Krankheitsbild kennen. Deshalb ist auch schon das Erstellen der richtigen Diagnose bei seltenen Krankheiten schwierig und dauert im Schnitt mehr als 5 Jahre (https://www.uniklinika.de/themen-die-bewegen/seltene-erkrankungen-waisen-der-medizin/seltene-erkrankungen-in-zahlen-fakten/).
Eine sorgfältige Erfassung der Symptome der Patient*innen ermöglicht eine präzise Beschreibung ihres Phänotyps, auch wenn es unklar ist, an welcher Krankheit sie leiden. Unter Verwendung von Symptomen aus der Human Phenotype Ontology (Robinson, PN. et al., 2008) und Diagnosen aus OMIM (Amberger et al., 2019) und der Datenbank für seltene Krankheiten Orphanet (Maiella et al., 2018) haben wir die Webanwendung SAMS (Symptom Annotation Made Simple, https://www.genecascade.org/SAMS/) zum sogenannten ‘deep phenotyping’ (übersetzt in etwa ‘Erstellen eines umfassenden phänotypischen Profils’) entwickelt (Steinhaus, R. et al., 2022). SAMS ermöglicht es Ärzt*innen, klinische Merkmale in einer benutzerfreundlichen Weboberfläche einzugeben und ihr Vorhandensein oder Fehlen im Laufe der Zeit zu erfassen. Außerdem schlägt es auf der Grundlage der erfassten Symptome der Patient*innen eine passende Diagnose vor. Die Phänotypisierungsdaten können im internationalen Austauschformat GA4GH (Global Alliance for Genomics and Health) Phenopacket (Jacobsen, JO et al., 2022) exportiert und leicht mit Kooperationspartner*innen ausgetauscht werden.
Unser Ziel ist es, der in anderen Teilprojekten durchgeführten Genotypisierung eine umfassende Phänotypisierung der CADS-Kohorten hinzuzufügen. Darüber hinaus wird das System die Erkennung ähnlicher Patient*innen auf der Grundlage gemeinsamer Symptome ermöglichen und einen aggregierten Überblick über alle in CADS erfassten Patient*innen mitsamt ihrer Symptome und Krankheiten bieten. Diese wird öffentlich zugänglich gemacht, um die Zusammenarbeit mit Gruppen zu fördern, die an ähnlichen Erkrankungen arbeiten, und letztlich eine bessere Diagnose, Therapie und Vernetzung der Patient*innen zu ermöglichen.